LIW - Almanzos Familie und Verwandte

Der kleine, anderthalbjährige Sohn von Mr. and Mrs. T. J. Thayer fiel am Donnerstag Nachmittag aus einem Fenster im ersten Stock ihres Wohnhauses, eine Höhe von etwa 15 Fuß [4,5 m]. Das Kind wurde in bewusstlosem Zustand aufgehoben und blieb so für einige Zeit. Es wird jedoch nicht angenommen, dass es schwere Verletzungen erlitten hat.

Ein 4 1/2 Meter tiefer Sturz! Man mag sich gar nicht ausdenken, was da alles hätte passieren können!
Da hatte Walcott Wilder Thayer, der einzige Sohn von Almanzos Schwester Eliza Jane und ihrem Mann Thomas Judson Thayer, heute vor 127 Jahren wohl sämtliche Schutzengel an seiner Seite. Vielleicht ist er ja in ein Gebüsch gefallen, das seinen Sturz abgefangen hat.

Das Bild oben dient übrigens nur der Illustration. Das Foto zeigt zwar das Haus, in dem die Thayers damals wohnten, ich habe allerdings keine Ahnung, ob Wilder (er wurde immer bei seinem zweiten Vornamen gerufen) tatsächlich aus dem Fenster mit dem Pfeil gefallen ist. Es erschien nur passend, weil es auf dem Foto offen steht und keinen Balkon davor hat.
Täuscht es, oder lag das Fenster wirklich ziemlich tief? Das würde zumindest erklären, wie der kleine Wilder hinausfallen konnte. Aber andererseits: Mit anderthalb Jahren sind die kleinen Racker ja schon richtige Kletterkünstler. Vermutlich hat Eliza Jane nur einen Moment nicht hingeschaut, und schon war es passiert.

Die im Artikel geäußerte Vermutung, dass Wilder von seinem Fenstersturz keine ernsten Verletzungen davongetragen hat, stimmte wohl. Jedenfalls berichteten die Zeitungen auch in den folgenden Tagen nichts davon.
Es sollte übrigens nicht sein letzter Unfall als Kind bleiben. 1899 wurde er - noch keine 5 Jahre alt - beim Reiten von einem Pferd abgeworfen und brach sich den Arm.

Heute vor 129 Jahren konnten die interessierten Zeitungsleser in Spring Valley, Minnesota, folgende Nachricht über Almanzos großen Bruder, Royal Gould Wilder, lesen:
R. G. Wilder hat einen Hund. Mr. Wilders Hund hat die Bewunderung von allen, die ihn gesehen haben, seit er genug herangewachsen ist, um ohne die Hilfe eines Mikroskops gesehen zu werden. Es ist eine mexikanische Rasse und von einer Art, die keine Haare verliert, aus dem Grund, dass sie niemals welche zu verlieren hat. Der fragliche Hund wurde vor drei Wochen geboren, und es waren zwei andere im selben Wurf. Innerhalb von drei Wochen schaffte er es, zu einer Länge von einem Zoll [ca. 2,5 cm] heranzuwachsen und ein Gewicht von etwas mehr als einer Viertelunze [gut 7 g] zu erreichen. Der kleine Kerl hat eine Suppentasse als Hundehütte und genießt offensichtlich sein Leben auf einem großen Wattebausch, der ihm als Bett und Futterplatz dient. Die Baumwolle ist mit Sahne getränkt, und der Hund nimmt die Flüssigkeit auf, wenn er hungrig ist. Mr. Wilder erwartet nicht, dass sein Winzling jemals ein großer Kämpfer sein wird, aber er sagt, dass er auf ihn jeden Betrag gegen jeden anderen Hund seiner Größe und Gewichtsklasse setzen würde. Er würde dem Gegner sogar eine Viertelunze [7 g] mehr zugestehen. Die Mutter des Hundes ist knapp drei Zoll [7,6 cm] hoch. Interessenten, die diese Hunde sehen wollen, können zu R. G. Wilders [Laden] kommen.

Der Artikel erschien nicht unter den normalen Lokalnachrichten, sondern war auffällig zwischen den Reklameanzeigen auf [Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können] platziert, wo Royal regelmäßig für seinen Billigladen (ähnlich den heutigen 1-Euro-Shops) warb. Das legt nahe, dass er die Meldung über seine kuriosen Mini-Hunde selbst initiiert hat, um Kunden in sein Geschäft zu locken.


Bei mexikanischen Zwerg-Hunden denken heute wahrscheinlich die meisten zuerst an die Hotelierstochter Paris Hilton, die bei ihren zahlreichen Medienauftritten vor einigen Jahren stets einen Chihuahua auf dem Arm oder in der Handtasche trug. Die Hunderasse wurde dadurch extrem populär. Wer "in" sein wollte, kaufte sich einen Chihuahua, übrigens die kleinsten Hunde der Welt, als schmückendes Accessoire.  

Ihren Ursprung haben die Chihuahuas in der gleichnamigen Region (seit 1824 Bundesstaat) im Norden Mexikos. Vermutlich reicht die Geschichte der Rasse bis weit in die Zeit vor Columbus zurück. Die Urahnen der kleinen Hunde wurden als Vermittler zwischen Göttern und Menschen verehrt und geopfert. Die älteste Erwähnung des Chihuahua in den USA habe ich in einer [Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können] aus dem Jahr 1850 gefunden. In den folgenden Jahrzehnten fanden die kleinen Hunde ihren Weg bis in den Norden der USA, doch erst 1904 wurden sie dort als Hunderasse mit definierten Standards registriert.
Die Größe von Chihuahuas wird mit 8 bis 23 cm angegeben. Royals Hundeweibchen könnte also ein sehr kleinwüchsiger Chihuahua gewesen sein. Das Foto von dem Chihuahua-Welpen in der Kaffeetasse oben im Bild stammt aus einer Frauenzeitschrift aus dem Jahr 1948, in der ein Züchter aus Kalifornien stolz seine besonders klein gezüchteten Hunde präsentierte. Auch wenn es fast 60 Jahre nach dem Artikel über Royals Hund entstand, fand ich es passend zu dem Welpen in der Suppenschüssel.
Ein seltener Gendefekt kann dazu führen, dass Chihuahuas kein Fell ausbilden. Diese Variante erzielt heute hohe Verkaufspreise und wird deshalb sogar gezielt gezüchtet.


Es kommt aber noch ein anderer Kandidat für Royals Welpen in Frage. Ebenfalls aus Mexiko stammt der haarlose Xoloitzcuintle, von seinen Fans liebevoll Xolo genannt (spricht man Scholo aus). Bereits Mitte der 1880er Jahre waren Zwerg-Xolos in den USA als Sonderform dieser Rasse bekannt. Sie werden z. B. 1886 in einem [Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können] erwähnt, aus dem die Illustration oben im Bild stammt.

Auch Xolos blicken auf eine lange Geschichte zurück. Die älteste Darstellung ist eine etwa 3.700 Jahre alte Tonfigur, die bei archäologischen Grabungen in Zentralmexiko gefunden wurde. Ihren Namen verdanken die schwarzen Nackthunde dem Azteken-Gott Xolotl, dem häufig mit einem Hundekopf dargestellten Herrscher der Unterwelt. Der Legende nach soll Xolotl den Hund aus einem Splitter des "Knochens des Lebens" geformt haben, aus dem auch die Menschen geschaffen wurden. Xolos wurden bei den Azteken sehr verehrt, denn man glaubte, dass sie die Verstorbenen sicher in die Gefilde der Unterwelt führen konnten. Zu diesem Zweck wurden sie oft bei Totenfeiern rituell getötet und zusammen mit ihren Besitzern beerdigt. Wer sich keinen echten Götterhund leisten konnte, bekam hilfsweise eine Tonfigur ins Grab gelegt.
Mit der Ausbreitung des Christentums in Mittelamerika verloren die Hunde ihre religiöse Bedeutung, wurden jedoch gerne als Braten auf Festbanketten serviert, wie frühe Kolonisten zu berichten wussten. Dies und die Einkreuzung europäischer Hunderassen brachten die ursprünglichen Xolos an den Rand der Ausrottung.
Reisende brachten zu Beginn des 19. Jahrhunderts die haarlosen Hunde nach Nordamerika. Trotz ihres wenig ansprechenden Äußeren schätzte man sie dort nicht nur als loyale Wachhunde, sondern auch als lebende Wärmflaschen, die bei Schmerzen (z. B. Rheuma) Linderung brachten. Sie gehörten zu den ersten in den USA registrierten Hunderassen.

Xolos werden in drei Größenklassen eingeteilt: Standard, Mittel und Mini. Mit 25 bis 35 cm sind Mini-Xolos allerdings deutlich größer als Royals winziges Hundeweibchen. Schade, dass es kein Foto von seinen Hunden gibt.
Was denkt Ihr, was für einen Hund Royal in der Suppentasse hielt: einen mexikanischen Chihuahua mit Gendefekt-Glatze oder einen mexikanischen Nackthund mit extremem Zwergwuchs?

Ich bin für den Nackedei. Roberta ich bin immer wieder erstaunt, was du so alles heraus findest.

Fuer Birgit und Andi duerfte das von Interesse sein.
Andi ist allerdings auf Kojotenhunde spezialisiert.