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Thema: LIW - Lauras Freunde, Nachbarn und Bekannte Mo Feb 06, 2023 5:05 pm
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um das Bild sehen zu können.] Hier geht es um die Freunde, Nachbarn und Bekannten im Leben der echten Laura Ingalls Wilder.
Roberta
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Thema: Re: LIW - Lauras Freunde, Nachbarn und Bekannte Mi März 01, 2023 11:42 pm
Heute vor 101 Jahren berichtete eine Zeitung in Portland, Oregon:
Blinder Mann schlägt Mitinsassen Der kämpferische Geist von Charles Bishop, der als Anführer der fünf Abweichler gilt, die vom staatlichen Kontrollgremium angewiesen wurden, das Oregon Institut für die Beschäftigung der Blinden zu verlassen, dessen Insassen sie sind, brach am Dienstagabend mit Macht aus, als er sich eine Schlägerei mit W. R. Owens, einem anderen Insassen, lieferte. I. E. Fagan, Koch und der einzige [sehende] Zuschauer in der Gruppe im Raum, der durch die Geräusche des Kampfes in Aufregung versetzt wurde, beendete die Rangelei, indem er Bishop, der ein wenig sehen kann, von Owens, völlig blind, herunterzog, der auf dem Rücken auf dem Boden lag. Bishop, heißt es, griff Owens im Rahmen eines persönlichen Streites an und landete mit viel Mühe einige Linke und Rechte in Owens' Gesicht. Sie klammerten und fielen dann. Keiner der beiden wurde verletzt. In der Zwischenzeit telefonierte Superintendent Myers nach der Polizei mit dem Ergebnis, dass Schutzmann Shaylor drei Stunden lang in der Einrichtung blieb. Bishop war begierig, den Kampf fortzusetzen, jedoch nicht in Gegenwart von Shaylor.
Ich habe Charles Bishop nicht recherchiert, aber seinen Sparingspartner kennen wir alle: William R. Owens ist niemand anderes als Willie, der Bruder von LIWs Erzfeindin Nellie Oleson aus den UKF-Büchern.
Im Sommer 1880, da war er 8 Jahre alt, hatte er in Walnut Grove beim Spielen mit Feuerwerkskörpern einen Unfall, der ihn auf einem Auge erblinden ließ. Die Sehkraft seines anderen Auges war stark eingeschränkt. Als Willie erwachsen war und längst eine eigene Familie in Oregon hatte, schlug das Schicksal erneut zu. Beim Holzmachen im Wald schlug ihm ein Zweig in sein noch sehendes Auge. Danach war er völlig blind. Irgendwann nach seiner Scheidung 1915 zog Willie nach Portland. Hier war 1914 von dem ebenfalls blinden John F. Myers Oregons erste Berufsschule für erwachsene Blinde gegründet worden. Ziel war es, Sehbehinderten, die zu alt für den Besuch einer Blindenschule waren, Fähigkeiten beizubringen, mit denen sie sich ihren Lebensunterhalt verdienen konnten. Je nach Veranlagung lernten die Berufsschüler, Klaviere zu stimmen, Hängematten oder Einkaufsnetze zu knüpfen, Stuhlsitze zu flechten oder Besen zu binden. Willie wurde hier ausgebildet.
1921 wurde die unter kommunaler Aufsicht stehende Berufsschule in eine staatliche Blindenwerkstatt umgewandelt, in der die Blinden auch nach dem Ende ihrer Ausbildung arbeiten und wohnen konnten. Ein gutes halbes Jahr später fing der Ärger mit Charles Bishop an. Im Januar 1922 reichte er eine von mehreren Insassen, darunter auch Willie, unterschriebene Petition ein, in der gefordert wurde, einen Untersuchungsausschuss einzuberufen, um schwere Missstände in der Einrichtung aufzuklären. Direktor Myers wurde vorgeworfen, ein inkompetenter Ausbilder zu sein, der die Blinden unfair behandelte, sie ständig beschimpfte und sogar körperlich misshandelte. Außerdem sei das Essen unzureichend und von schlechter Qualität. Auch die mangelnde Sicherheit wurde kritisiert, insbesondere, dass keine regelmäßigen Feuerübungen durchgeführt würden. Noch bevor der Untersuchungsausschuss seine Arbeit aufnahm, hatte ein Teil der Unterzeichner der Petition die Unterstützung wieder zurückgezogen und sagte vor dem Ausschuss zugunsten von John Myers aus.
Auch Willie lobte ihn bei seiner Befragung. Er erklärte, er hätte die Beschwerde nur unterschrieben, weil Mr. Myers gelegentlich ihm gegenüber laut geworden sei. Im Nachhinein wäre ihm aber klar geworden, dass die Beschwerde ein Fehler war, und er hätte deshalb eine Gegendarstellung eingereicht. Mr. Myers sei ein guter, geduldiger Lehrer, der auch mit seinen Schülern scherzte und lachte. Er hätte in der Vergangenheit sogar mehrmals Ausflüge für seine Schüler organisiert. Das Essen in der Einrichtung entspräche dem, was in Oregon im Durchschnitt üblich sei.
Letztlich wurde John Myers vom Untersuchungsausschuss völlig entlastet und seinem Antrag stattgegeben, die fünf Beschwerdeführer, die bis zuletzt vehement an den Vorwürfen festhielten, als Unruhestifter aus der Blindenwerkstatt zu weisen, sobald sie irgendwo anders untergebracht werden könnten. Das wollte Charles Bishop allerdings auch wieder nicht. Er weigerte sich einfach auszuziehen. Die Stimmung in der Blindenwerkstatt war also ziemlich angespannt, als es zur Prügelei zwischen Charles Bishop und Willie kam. Es dauerte noch drei weitere Monate, bis Charles Bishop schließlich von der Polizei aus dem Haus geführt wurde.
Willie verbrachte den Rest seines Lebens in der Blindenwerkstatt. In der Volkszählung 1930 ist sein Beruf als Besenbinder angegeben. Er starb am 3. Februar 1934 im Alter von 63 Jahren durch ein Blutgerinnsel in einem Herzkranzgefäß.
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Old Rein Admin
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Thema: Re: LIW - Lauras Freunde, Nachbarn und Bekannte Do März 02, 2023 5:04 pm
Das ist ja wieder mal interessant, was du da recherchiert hast, Mrs. Roberta!
Ich kann mich da hineinversetzen. Vielleicht waren fuer weniger genuegsame Menschen die Bedingungen in der Institution tatsaechlich nicht ausreichend. Und im Vergleich aus heutiger Sicht, waren bestimmt keine Bedingungen in damaliger Zeit ausreichend, egal in welcher Kategorie, ob Sicherheit, oder Kompetenz der Beschaeftigten (was auch gerade jetzt nach COVID wieder ein Merkmal gerade unserer Zeit ist).
Ich hatte keine Ahnung, dass Willie ein so schlechtes Los im Leben gezogen hatte. Wenn man das so liest, meint man, frueher muessen wohl sehr viele Leute erblindet sein. Schliesslich gab es keine Sicherheit. Gefahren jeglicher Art lauerten ueberall. Wenn ich da an die Fabriken mit diesen grossen Zahnraedern und Laufbaendern denke (siehe MODERN TIMES), die ungeschuetzt angetrieben wurden, in welche man leicht hineinfallen konnte, dann wird mir allein davon schon schwindlig.
Ich habe selber an solchen grossen Maschinen gearbeitet. Und jahrelang stand ich sogar selbst an einer ungeschuetzten Maschine, ich welcher eine Beschaeftige vor mir - wie mir erzaehlt wurde - einen Finger verloren habe. Man musste da immer voll gegenwaertig sein, und man konnte nicht verschlafen zur Arbeit kommen.
Da hiess es einfach: "Diese Maschine kann man nicht sichern. Die ist halt 100 Jahre alt. Musste dich halt vorsehen!" Basta.
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Roberta
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Thema: Re: LIW - Lauras Freunde, Nachbarn und Bekannte Mo März 06, 2023 12:44 am
Old Rein schrieb:
Ich kann mich da hineinversetzen. Vielleicht waren fuer weniger genuegsame Menschen die Bedingungen in der Institution tatsaechlich nicht ausreichend. Und im Vergleich aus heutiger Sicht, waren bestimmt keine Bedingungen in damaliger Zeit ausreichend, egal in welcher Kategorie, ob Sicherheit, oder Kompetenz der Beschaeftigten (was auch gerade jetzt nach COVID wieder ein Merkmal gerade unserer Zeit ist).
Vermutlich liegt die Wahrheit - wie so oft - irgendwo in der Mitte zwischen den vorgebrachten Beschwerden und den tatsächlichen Zuständen. Die Zeugenaussagen, dass es immer dann besseres Essen gab, wenn jemand vom Kontrollgremium im Haus war, glaube ich sofort. Dass es sonst nur eine "Brot-Kartoffel-Diät" gab, wie ein Zeuge es nannte, wird wohl übertrieben gewesen sein.
An der Sicherheit haperte es tatsächlich. Das erste Quartier der Blindenwerkstatt waren zwei gemietete Etagen in einem Gebäude in der Stadt. Die Bedingungen dort waren sicher nicht optimal geeignet. Z. B. stürzte eine Blinde auf der Treppe, weil ein Geländer fehlte. Bemängelt wurde auch der Platzmangel und die Enge in den Räumen. Kurz nach dem Ende der Untersuchung begann man mit der Suche nach zusätzlichen Räumen in der Nähe, und im Jahr darauf begann schließlich der Bau eines komplett neuen Gebäudes.
Der Umgangston von John Myers wurde allgemein als rauh beschrieben - und zwar nicht nur gegenüber den Blinden in seinem Institut. Besonders die erste Zeit nach der Gründung der Blindenwerkstatt war für Myers besonders arbeitsintensiv und stressig. So eine Einrichtung organisiert sich ja nicht von allein. Und Myers stand unter großem Erfolgsdruck, weil er beweisen musste, dass sein Konzept funktioniert. Eine Blindenwerkstatt für Erwachsene gab es bis dahin ja noch nicht in Oregon. Ich kann mir gut vorstellen, dass bei ihm die Nerven öfter mal blank lagen. Ihm wurde auch vorgeworfen, dass ihm wegen seiner Blindheit der nötige Überblick fehlte, um die Werkstatt ordentlich leiten zu können. Das mag wohl stimmen, aber gerade diejenigen, die sich am meisten darüber beschwerten, gaben auch zu, dass sie immer wieder die Regeln missachteten, z. B. sich bei Myers abzumelden, wenn sie den Arbeitsraum verließen. Da ging es wohl um mehr als objektive Missstände.
Tatsächlich traten vor dem Untersuchungsausschuss auch Zeugen auf, die den Grund für die Beschwerden in der Psyche der Beschwerdeführer suchten. Einer meinte, die Blinden seien mit allem unzufrieden, weil sie mit ihrem eigenen Schicksal haderten. Sie hätten sich in diesen Zustand so hineingesteigert, dass ihnen niemand etwas recht machen könnte. Ein anderer nahm an, dass Bishop unter Existenzängsten leiden würde, weil ihm der Rauswurf drohte, und das würde ihn so aufsässig und aggressiv machen.
Old Rein schrieb:
Ich hatte keine Ahnung, dass Willie ein so schlechtes Los im Leben gezogen hatte. Wenn man das so liest, meint man, frueher muessen wohl sehr viele Leute erblindet sein. Schliesslich gab es keine Sicherheit. Gefahren jeglicher Art lauerten ueberall. Wenn ich da an die Fabriken mit diesen grossen Zahnraedern und Laufbaendern denke (siehe MODERN TIMES), die ungeschuetzt angetrieben wurden, in welche man leicht hineinfallen konnte, dann wird mir allein davon schon schwindlig.
Die Blindenwerkstatt musste alle zwei Jahre einen Bericht für das Kontrollgremium verfassen, der auch eine Personalstatistik enthielt. Hier ein Ausschnitt aus dem ersten Zweijahresbericht aus dem Jahr 1922:
Neben den Ursachen für die Erblindung ist auch eine Namensliste aller Insassen zu sehen. Willie ist markiert. Charles Bishop und die anderen fünf, die die Untersuchung in Gang gebracht haben, sind nicht mehr zu sehen, weil der Bericht erst im September erstellt wurde, als sie die Blindenwerkstatt bereits verlassen hatten.
Aber es geht ja um die Ursachen, die ich hier nochmal herausgezogen habe:
Die Daten der 24 Insassen sind natürlich nicht repräsentativ. Knapp ein Drittel (29%) von ihnen, darunter keine einzige Frau, haben ihr Augenlicht durch einen Unfall verloren. Die häufigste Ursache, der verkümmerte Sehnerv (33%), erinnert mich an LIWs Schwester Mary, von der es hieß, bei ihrem Schlaganfall wäre der Sehnerv in Mitleidenschaft gezogen worden. Könnten da also Krankheiten wie Meningitis dahinterstecken? Bei der Angabe Blutkrankheit (25%) habe ich keine Idee, was das sein könnte. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass die Gefahr einer Erblindung durch Krankheiten heute dank besserer Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten nicht mehr so groß ist wie in den 1920er Jahren. Was mich wundert ist, dass es keinen Hinweis auf Kriegsverletzungen gibt. Der erste Weltkrieg war ja gerade erst vorbei und hat auf allen Seiten viele Soldaten das Augenlicht gekostet.
In den späteren Berichten sind die Ursachen vielfältiger. 1926 sind z. B. auch Grauer Star, Meningitis, Keuchhusten und vererbte Schäden und Hornhautgeschwüre dabei. Der Anteil der durch Unfall erblindeten ist 1926 gegenüber 1922 deutlich auf gut 40% gestiegen.
Old Rein Admin
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Thema: Re: LIW - Lauras Freunde, Nachbarn und Bekannte Mo März 06, 2023 4:32 am
Roberta schrieb:
Was mich wundert ist, dass es keinen Hinweis auf Kriegsverletzungen gibt. Der erste Weltkrieg war ja gerade erst vorbei und hat auf allen Seiten viele Soldaten das Augenlicht gekostet.
Vielleicht sind die "Kriegsverletzungen" unter "Unfall" zu suchen.
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Roberta
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Thema: Re: LIW - Lauras Freunde, Nachbarn und Bekannte Mo März 06, 2023 3:34 pm
So nach einmal drüber schlafen ist mir der Gedanke gekommen, dass es für Veteranen ja andere Formen der Unterstützung gab. Für den Lebensunterhalt bekamen Kriegsversehrte eine Pension, und wer allein nicht zurecht kam, konnte in ein Veteranenheim ziehen. Für die Aufnahme in der Blindenwerkstatt gab es lange Wartelisten. Ich hab zwar noch kein Regelwerk mit den Kriterien dafür gefunden - außer dass die Bewerber mindestens drei Jahre in Oregon gelebt haben mussten, aber in einer Zeitungsmeldung war die Rede davon, dass ein Insasse aus dem Institut gewiesen werden sollte, weil er nebenbei Zeitungen verkaufte. Bei einem anderen wurde angegeben, dass er nach einem Arbeitsunfall eine regelmäßige Unterhaltszahlung von seinem ehemaligen Arbeitgeber erhielt. Das impliziert, dass die Bedürftigkeit eine Rolle bei der Aufnahme spielte. Gut möglich also, dass Veteranen, die ihr Augenlicht im Krieg verloren hatten, gar nicht erst in die Blindenwerkstatt aufgenommen wurden, weil sie andere Möglichkeiten hatten, Hilfe zu bekommen.
Roberta
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Thema: Re: LIW - Lauras Freunde, Nachbarn und Bekannte Fr März 17, 2023 4:16 pm
Gestern vor 128 Jahren trat William Graham Renwick aus Spokane im Staat Washington seine zweijährige Haftstrafe im Gefängnis von Walla Walla an, zu der er wegen der Unterschlagung öffentlicher Gelder verurteilt worden war. Innerhalb von drei Jahren hatte Renwick es geschafft, bei seiner Tätigkeit als Bezirksbuchhalter gut 5.800 $ in die eigene Tasche zu wirtschaften. Heute hätte diese Summe einen Wert von über 208.000 $. Dabei hatte seine Karriere so vielversprechend angefangen.
William Graham Renwick wurde 1862 in Aberdeen in Schottland geboren. Sein Vater war Geistlicher, und seine Mutter soll eine Nachfahrin der schottischen Königin Mary Stuart, die als Bloody Mary in die Geschichte einging, gewesen sein. William studierte an der Universität Clifton Theologie, doch er brach sein Studium ab und ging statt dessen als Proviantmeister an Bord eines Schiffes der Handelsmarine. 1881 gelangte er nach Kanada, wo er sein Glück als Spekulant und Farmer versuchte. 1884 siedelte er in die USA über, wo er zunächst in Wisconsin in das Holzgeschäft einstieg. 1888 lebte er in Tacoma im Staat Washington. Hier arbeitete er als Buchhalter in der Bezirksfinanzbehörde und entwickelte ein System für die Buchführung, das als das beste im ganzen Staat galt. Der Chef der Finanzbehörde von Spokane County, J. J. Peel, nutzte 1891 einen Besuch in Tacoma, um Renwick abzuwerben. Binnen eines Jahres stieg dieser zum Chefbuchhalter auf.
In seinem Prozess gab William Renwick an, die neue Position und der damit verbundene Aufstieg in die "besseren Kreise" hätten ihn - zusammen mit einer zunehmenden Vorliebe für alkoholische Getränke - dazu verleitet, über seine Verhältnisse zu leben. So begann er, immer wieder einen Teil des Geldes, das durch seine Hände ging, für sich zu behalten. Zeitungsberichten zufolge war er dabei recht konsequent: Er stahl immer nur 50 $ auf einmal - egal wie hoch der Betrag war, von dem er das Geld abzweigte.
Renwick war nicht der einzige, der sich privat aus den öffentlichen Finanzen bediente. 1894 kam es deshalb zu einer externen Buchprüfung. Renwicks Unterschlagungen kamen dabei eher zufällig ans Licht. Zunächst stritt er alles ab und versuchte, die Verluste zu erklären, schließlich wurde er jedoch verhaftet und angeklagt. In seinem Prozess bekannte er sich überraschend schuldig und wurde verurteilt.
In der Strafanstalt arbeitete Renwick als Servicekraft im Küchendienst. Nach einem Jahr und einem Tag im Gefängnis wurde er am 17. März 1896, also heute vor 127 Jahren, vom Gouverneur von Washington State, John Harte McGraw, begnadigt. Den Antrag dafür hatten nicht nur Renwicks Freunde und Bekannte unterschrieben, sondern sogar der Staatsanwalt, der im Prozess die Anklage gegen ihn vertrat, und der Richter, der ihn verurteilt hatte.
In seinem Schuldbekenntnis hatte William Renwick ehrliche Reue gezeigt. Insbesondere tat es ihm leid, dass sein Vergehen sich so negativ auf das Leben und Ansehen seiner Ehefrau auswirkte. 1888 hatte William Renwick in De Smet Genevieve Masters geheiratet. Ihr erinnert Euch? Sie war das Vorbild für die Figur der Nellie Oleson, die in LIWs Buch Kleine Stadt in der Prärie mit ihren Visitenkarten angab, die Süßigkeiten nahm, die Cap Garland eigentlich Mary Powers anbieten wollte, sich in der Schule bei Mrs. Wilder einschleimte und stolz behauptete, dass sie eines Tages mit Almanzo in der Kutsche fahren würde. Im echten Leben scheint sie aber nicht so unausstehlich gewesen zu sein, wie LIW sie beschrieb. Während ihr Ehemann im Gefängnis saß, ging Genevieve in ihren alten Heimatstaat New York zurück, wo sie ihren Lebensunterhalt als Aushilfslehrerin verdiente.
Nach der Begnadigung ließ sich das Paar in Chicago, Illinois, nieder, wo William wieder als Buchhalter arbeitete und sein Geld fortan auf ehrliche Art und Weise verdiente. 1900 kam Tochter Margaret, das einzige Kind der beiden, zur Welt. Genevieve starb 1909 plötzlich und unerwartet an Lungenentzündung, nur wenige Tage, nachdem sie von einem Besuch in De Smet zurückgekehrt war. Sie wurde nur 41 Jahre alt. Nach dem Tod ihrer Mutter wuchs Margaret in der Familie von Genevieves Schwester, Elgetha Masters Sherwood, in De Smet auf. Ihr Vater hielt stets einen guten Kontakt zu ihr. William Renwick heiratete nicht wieder und starb 1924 in Chicago an Krebs.
P. S. Das Foto oben im Bild stammt aus der Gefängnisakte von William Renwick. Der Zeitungsausschnitt berichtet von seinem Schuldbekenntnis, seiner Verurteilung und dem Abschied von seiner Frau vor dem Antritt seiner Haftstrafe in Walla Walla.
Old Rein Admin
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Thema: Re: LIW - Lauras Freunde, Nachbarn und Bekannte Fr März 17, 2023 9:18 pm
1374. Die Nummer wird er nie vergessen haben.
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Thema: Re: LIW - Lauras Freunde, Nachbarn und Bekannte